Na ja, ursprünglich hieß das ein bißchen anders: "Uns ist ganz kannibalisch wohl, als wie fünfhundert Säuen!" schrieb Goethe in seinem "Faust". Aber weshalb sollen nicht auch die lustigen Gesellen in Auerbachs Keller mit der Zeit gehen? Weshalb sollen nicht mal zur Abwechslung die vereinigten Chöre von Aldi, Lidl und Metro dort singen? Ihrer Stimmgewalt, hinter der Milliarden Euro an Werbeausgaben stehen, kann auf Dauer niemand widerstehen. Mephistopheles hätte seine diabolische Freude daran. Garantiert würde er auch in der Hölle sofort eine Wellness-Abteilung einrichten!
Weil wir schon mal bei diesem besonders grauslichen Kapitel des Denglisch-Wahns sind, wollen wir uns auch noch ansehen, was Aldi, Lidl, Metro & Co. so alles an "Outfit" zu bieten haben. Zunächst mal ein Blick auf das, was man früher in Deutschland als Herrenschuhe, Turnschuhe oder Leinenschuhe zu bezeichnen pflegte:
Noch nichts passendes gefunden? - Macht nichts! Aldi, Lidl, Metro & Co. haben ein Riesenangebot, das einem förmlich die Schuhe auszieht! Zum Beispiel "Trekkingsandalen" für Kinder (die früher allenfalls dreckige Sandalen hatten). Das, was man früher als Wanderschuhe bezeichnet hätte, gibt es auch nicht mehr. Das heißt jetzt "Trekkingschuhe". Und anstelle von Stiefeln zieht man jetzt "Moonboots" an:
Überhaupt sind Aldi, Lidl, Metro & Co. von Kopf bis Fuß auf Denglisch eingestellt. So gibt es Hemden nur noch als "Shirts" oder mit einem schmückenden denglischen Zusatz wie "City". Anstelle von Unterhosen trägt der Herr jetzt "Retro-Shorts". Für die Damen gibt es nur noch "Slips" anstelle von Schlüpfern, wobei sie auch noch wissen müssen, was einen "Slip mit String" von einem "Slip mit Panty" unterscheidet:
Schöne neue Welt des denglisch überzuckerten Konsums! – Schade, daß ausgerechnet die englischsprachige Welt nicht daran teilhaben kann. Für die bleibt ein Slip ein ganz banaler Schlüpfer. Und was ein "City-Hemd" oder "Business-Schuhe" sein sollen, würde sie sowieso nicht verstehen.
Wahrlich furchterregend, was uns hier von Heidelberger Plakatwänden entgegenspringt: Anscheinend wurde schon vor hundert Millionen Jahren auf der ganzen Erde englisch gesprochen. Einen Grund muß es jedenfalls haben, daß dieses Plakat The World of Dinosaurier beschwört, obwohl es sich an deutsche Passanten richtet. Mit unserem Erinnerungsvermögen an die längst vergessene Zeit der Dinosaurier ist es auch nicht sonderlich gut bestellt. Stutzig macht uns aber, wie die englische Imponierfloskel The World of... mit dem deutschen Wort Dinosaurier gepaart wird, als ob die Plakattexter sich nicht getraut hätten, dem Publikum ganz auf englisch mit The World of Dinosaurs zu kommen. So entstand ein grauenhafter denglischer Wort-Lindwurm, den es selbst im Mesozoikum noch nicht gegeben haben dürfte.
Bei diesem Artikel in der RNZ vom 1.3.07 wird man das Wort "Message" im Text selber vergebens suchen. Dort ist nur von "messerscharfer Rhetorik" die Rede. Beim Verfassen der Überschrift scheint den Redakteur aber der Stabreim-Wahn überkommen zu haben, gepaart mit einer akuten Immunschwäche gegenüber Denglisch. Und so entstand die "Sanfte Stimme mit messerscharfer Message".
Bei dieser RNZ-Meldung vom 7.2.07 ist kaum anzunehmen, daß die Protestantin Angela Merkel die Araber missionieren wollte. Ihre "Mission" ist nicht im kirchlichen Sinne gemeint, sondern in der weltlichen Bedeutung von "Sendung, Auftrag, Botschaft".
Somit scheint sprachlich alles in Ordnung zu sein. Oder doch nicht?
Das Wort "Mission" hat gerade dann, wenn nicht die religiöse Bekehrungsarbeit gemeint ist, im Deutschen und im Englischen einen anderen Assoziationsgehalt und ergibt deshalb einen unterschiedlichen Sinn: Im Englischen wird jeder politische oder geschäftliche Auslandskontakt zur "mission", so banal die Sache sein mag. Im Deutschen schwingt dagegen immer noch etwas von (innerer) Sendung, (höherem) Auftrag und (froher) Botschaft mit. Bisher jedenfalls.
Wir haben es deshalb mit einem weiteren Fall von gedankenloser Übernahme eines englischen Wortes zu tun, das scheinbar einem vorhandenen deutschen Fremdwort entspricht, in Wirklichkeit aber dieses zu "Denglisch" deformiert.
So schrieb neulich die "Rhein-Neckar-Zeitung" zu einem Bild, das die neue Fischtreppe an der Neckar-Staustufe Ladenburg zeigte.
Auf deutsch war ungefähr folgendes gemeint: "Die Ladenburger Fischtreppe bewährt sich." Oder: "Die Ladenburger Fischtreppe erfüllt ihren Zweck." Aber das klänge natürlich zu banal. Das denglische Wort "Fischpass" macht da schon mal mehr her, klingt fachmännischer. Und wenn man dann diesen Fischpaß noch einen guten Job machen läßt, hat man die höchste Stufe des denglischen Neusprechs erreicht, zu der unsere Medien fähig sind.
Die dümmliche Floskel "einen guten Job machen" entstand wohl aus der stümperhaften Übersetzung der englischen Redewendung "to do a good job", die korrekt mit "gute Arbeit leisten" oder "ganze Arbeit leisten" zu übersetzen wäre. Allerdings arbeitet eine Fischtreppe nicht, sondern liegt nur ruhig da. Deshalb ist diese idiomatische Wendung aus dem Englischen – gleichgültig ob falsch oder richtig übersetzt – in jedem Falle deplaziert.
Der "Fischpass" ist ebenfalls Denglisch. Das Wort "Paß" (bzw. "Pass" in neuer Rechtschreibung) hat im Deutschen nur die Bedeutung von Gebirgsübergang oder Ausweispapier. Der "Fischpass" hat weder mit dem einen noch dem anderen zu tun. Er ist vielmehr eine Abwandlung des englischen Ausdrucks "fishpass". Der aber bezeichnet nichts weiter als einen irgendwie gearteten Durchlaß für Fische. Das präzise englische Wort für "Fischtreppe" wäre "fishladder".
Auch sonst machen die Schreiber der "Rhein-Neckar-Zeitung" oft keinen guten Job, wenn es um gutes Deutsch geht, wie das folgende Beispiel zeigt:
Beim "Promi-Agenten" und "Chocolatier" haben wir erst mal gezögert, sie als denglische Ausdrücke zu markieren: Den "Agenten" ohne geheimdienstlichen Auftrag kennt immerhin auch noch der Duden ("veraltet für Geschäftsvermittler, Vertreter"), und das Wort "Chocolatier" für Schokoladenfabrikant ist zweifellos französischen Ursprungs. Indessen handelt es sich hier nicht um die angestaubten Fremdwörter aus dem 19. Jahrhundert, sondern um täuschend ähnliche Wiedergänger aus dem Denglisch von heute: In ihrer ursprünglichen Gestalt als lateinisch-französische Fremdwörter sind der "Agent" und der "Chocolatier" so gut wie verblichen. Sie feiern mittlerweile aber fröhliche Urständ als Importe aus dem Englischen.
Ähnlich verhält es sich mit einer ganzen Reihe von Ausdrücken, die unsere Großeltern noch als französische Fremdwörter kannten, die aber nun in alt-neuer Gestalt aus dem Englischen importiert werden. Zum Beispiel muß man bei Modewörtern wie "Administration", "Applikation", "Evaluation", "Excellence" oder "Entrepreneur" zwei- und dreimal hinsehen, um sie als Wiedergänger aus dem Englischen zu erkennen. Denn das Englische basiert nun mal zu einem guten Teil auf französischem Vokabular. – Spötter behaupten deshalb sogar, Englisch sei eigentlich nur "ein grauenhaft gesprochenes Französisch".
Der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart GmbH
(VVS) hat eine Reihe von "wichtigen Verbesserungen für 2007"
angekündigt. An erster Stelle findet man die folgende Neuerung: "Die
Fahrscheine und Fahrkarten heißen jetzt einheitlich Ticket."
Im einzelnen hat man die Wahl zwischen:
EinzelTicket,
4er-Ticket (Mehrfahrtenkarte),
EinzelTagesticket/GruppenTagesticket,
Schönes-Wochenende-Ticket und Baden-Württemberg-Ticket/-Single,
WochenTicket,
MonatsTicket,
JahresTicket,
FirmenTicket (JahresTicket),
MonatsTicket für Schüler,Auszubildende, Studenten,
StudiTicket,
9-Uhr-UmweltTicket,
14-Uhr-JuniorTicket,
SeniorenTicket
Die "Verbesserung" besteht also darin, das
präzise Wort Fahrschein durch das englische Allerweltswort Ticket
zu ersetzen, das auf neudeutsch ebenso einen Parkschein, irgendeine
Eintrittskarte oder einen Strafzettel bedeuten kann. Zusätzlich
malträtiert der VVS die deutsche Sprache durch
Großbuchstaben innerhalb von Komposita, wo sie nichts verloren
haben, und erzeugt so 13 Monstrositäten, die Auge und
Sprachgefühl gleichermaßen beleidigen.
"Wir können alles außer Hochdeutsch" – in diesem Spruch der
offiziellen Werbung für das Land Baden-Württemberg steckt
leider ein furchtbares Stück Wahrheit. Vorsichtshalber fragen wir
deshalb die Verantwortlichen des VVS auf schwäbisch: "Ticket se no
richtig?"
Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) schickt in der Vorweihnachtszeit 2006 einen "EnergyTruck" durchs südwestliche Bundesland. Das Gefährt soll Spenden für soziale Hilfsprojekte sammeln und so Werbung mit Wohltätigkeit verbinden. Vor allem will die EnBW ihren lädierten Ruf pflegen, der durch überhöhte Strompreise und allerlei Affären gelitten hat. Mit derselben Rücksichtslosigkeit, mit der sie sonst ihren Kunden in die Tasche greift, läßt sie deshalb nun den "EnergyTruck" mit zwei englischen Vokabeln ohne Abstand oder Trennstrich durchs Ländle rasen. So gerät die deutsche Sprache gleich doppelt unter die Räder.
Als "Woge malerischer Beliebigkeiten zwischen
Kitsch, albernem Gekrakel, schrillen Fratzen und mangelndem
künstlerischem Temperament" empfand eine Kunstkritikerin*) die
letzte Ausstellung in der Mannheimer Kunsthalle. Das läßt
sich von der neuen Ausstellung, die am 1. April 2006 eröffnet
wurde, genauso und erst recht sagen. Auf der nach oben offenen Skala
des Kitsches wird hier mit viel Englisch und allerlei
Versatzstücken der Pop-Kultur ein Gipfel an
sprachlich-künstlerischem Schwulst erreicht.
Es fängt schon an mit dem Titel der Ausstellung: "Full house".
In den letzten Jahren hat der neue Kunsthallen-Direktor Rolf Lauter
zahlreiche Bestände der Kunsthalle entfernen und zum Teil sogar in
auswärtigen Depots einlagern lassen, um für irgendwelche
Pop-Inszenierungen Platz zu schaffen. Von einem vollem Haus kann also
keine Rede sein. Vielmehr herrscht im Neubau der Kunsthalle Leere und
Langeweile. Wer da von "Full house" spricht, hat gute
Gründe, das nicht auf deutsch, sondern auf englisch zu sagen.
Es sind ziemlich krüppelige Gewächse,
die sich jetzt dort breitmachen, wo Lauters Kahlschlag gewütet
hat: Man sieht willkürlich ausgewählte Gemälde,
Plastiken, Grafiken, Fotografien, Videoarbeiten und
Medieninstallationen, die erklärtermaßen nichts miteinander
verbindet als der Anspruch, gerade durch die Willkürlichkeit ihrer
Präsentation "hintergründige Cross-over-Konstellationen"
zu bilden, in denen "sich die Werke gegenseitig erhellen".
Auch die einzelnen Räume der Ausstellung "Full House"
sind durchweg mit englischen Bezeichnungen versehen. Hier eine
Aufzählung, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt:
"Love me tender"
"As tears go by"
"Take a walk on the wild side"
"No colors anymore I want them to turn black"
"Small Faces"
"Time is an ocean..."
"Hello darkness, my old friend"
"Let's get physical"
"Simple twist of fate"
"Scheme of things"
"Nature rediscovered"
Wer sich schon früher darüber geärgert hat, sieben Euro für die Besichtigung von Rolf Lauters Pop-Kabinett hingelegt zu haben, kann sich wahrscheinlich noch daran erinnern, einen Teil der Exponate bereits in Räumen gesehen zu haben, die damals deutsch beschriftet waren. - Das heißt, eigentlich war es kein Deutsch, sondern etwas ähnliches, eine Art Pop-Deutsch. Der Kunsthallen-Direktor erfand nämlich Bezeichnungen wie "KoerperRaum/NacktRaum", "LandschaftsRaum", "NaturRaum" oder "EigenRaum".
Nun tut es diese affektierte Schreibweise nicht
mehr. Es muß schon englisches Imponiergefasel sein.
Beispielsweise wurde aus dem "KoerperRaum/NacktRaum" das neue
Nuditätenkabinett "Let's get physical". – Diese englischen
Bezeichnungen seien den Räumen angemessen, da sie "als
Elemente unseres kollektiven Gedächtnisses aus der musikalischen
Welt des Pop stammen", läßt sich einer Pressemitteilung
der Kunsthalle entnehmen. Man darf dies wohl als Eingeständnis
werten, daß die Mannheimer Kunsthalle unter der Leitung von Rolf
Lauter mehr Pop als Kunst bietet bzw. beides nicht mehr unterscheiden
kann oder will.
Entschiedenen Widerspruch verdient aber Lauters Behauptung, daß
"Elemente unseres kollektiven Gedächtnisses" bereits auf englisch
umgestellt worden seien. - Es mag zwar sein, daß der
Kunsthallen-Direktor persönlich nur irgendwelche englischen
Pop-Song-Titel im Kopf hat und sie mit anspruchsvolleren
Bewußtseinsinhalten verwechselt. Das berechtigt ihn aber noch
lange nicht, anderen zu unterstellen, es sähe in ihrem
Oberstübchen genauso armselig aus ...
Der treffendste Kommentar zu Rolf Lauters neuester
Pop-Inszenierung stammt übrigens von einem Engländer: In
Mannheim habe er von allen bisher besichtigten Kunststätten "the
worst museum" gesehen, schrieb er in das Gästebuch.
*) Es handelt sich um Christel Heybrock, frühere Feuilletonredakteurin des "Mannheimer Morgen".
Nachtrag: Am 7. September 2007 gab der Mannheimer
Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) die Ablösung des
Kunsthallen-Direktors Rolf Lauter bekannt, den er einst – in seiner
vormaligen Eigenschaft als Kulturbürgermeister – selber berufen
hatte. Zum Verhängnis wurde Lauter allerdings nicht sein mit
Denglisch gewürzter Schickimicki-Kunstbetrieb, sondern seine
Unfähigkeit, mit Geld vernünftig umzugehen und die zum
Stadtjubiläum geplante Ausstellung "Goya – Manet – Picasso"
termingerecht durchzuführen. Schon im Oktober 2006 war Lauter die
Zuständigkeit für die Finanzen entzogen und eine Aufpasserin
zur Seite gestellt worden. Immerhin sprach sich nun herum, daß er
auch in künstlerischer Hinsicht ein Banause war. "Viel zu lange
hat die Stadt Lauter gewähren lassen", konnte man in der RNZ
(8.9.07) lesen. "Seine 'Neue Kunsthalle' war voll von buntem
Jahrmarkttreiben, ohne Konzept und Zusammenhang, deutlich an
Modeerscheinungen des Kunstmarktes orientiert." Als Beamter ist der
unfähige Kunsthallen-Direktor indessen unkündbar und wird
deshalb nun irgendwoanders in der Stadtverwaltung beschäftigt
werden müssen.
"Volkswirtschaftslehre bleibt in Heidelberg - Rektor Hommelhoff ist 'quiet happy'", lautete eine Überschrift in der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 21. Oktober 2005, die dem Leser einiges zumutete. Denn zum einen war der Rektor der Heidelberger Universität sicher nicht glücklich darüber, daß seine Pläne zur Verlegung des traditionsreichen Fachbereichs Volkswirtschaftslehre an die Universität Mannheim nun doch durchkreuzt worden waren. Er war am Widerstand von Studenten und Dozenten gescheitert und hatte insofern überhaupt keinen Grund, dies als persönliches "happy end" zu empfinden.
Eine nicht mindere Zumutung war aber, wie hier der Rektor einer deutschen Universität einen Kommentar in Stammel-Englisch abgab, der einige Zweifel weckt, ob dieser akademische Würdenträger überhaupt noch der deutschen Sprache mächtig ist. Derselben Ausgabe der "Rhein-Neckar-Zeitung" konnte man entnehmen, welche Minimalanforderungen in punkto deutsche Sprachkenntnisse der Bundesgerichtshof an die Einbürgerung von Ausländern stellt. Wann gibt es ein höchstinstanzliches Urteil zu den Minimalanforderungen, die der Rektor einer deutschen Universität zu erfüllen hat?
Außerdem wäre es auch auf englisch vollendeter Stuß gewesen, wenn sich Hommelhoff "quiet happy" gezeigt hätte. Wir wollen ihm mal zugute halten, daß hier der Berichterstatter die beiden englischen Wörter "quiet" und "quite" verhört bzw. verwechselt hat. Das eine bedeutet soviel wie "ruhig" und das andere hat den Sinn von "ganz". - So wurde das Stammel-Englisch, das der Rektor absonderte, von der lokalen Presse in vollendetes Pidgin-Englisch umgewandelt.
Der Unfug geht indessen weiter: Einer der beiden Schwerpunkte des Studiengangs Volkswirtschaftslehre wird künftig "Behavioral Economics" sein. Einer der Unterbereiche soll "Economics of Governance" heißen. Die erfolgreiche Absolvierung des Studiengangs wird mit der akademischen Würde eines "bachelor" oder eines "master" belohnt.
Als Radikallösung schlagen wir vor, den ganzen Fachbereich gleich in "Bullshit Economics" umzubenennen. Damit würde klargestellt, daß hier Volkswirtschaftslehre nicht in der Tradition Alfred Webers gelehrt werden soll, sondern nach dem denglischen Gusto von Uni-Bürokraten.
Bei den Heidelberger Schloßfestspielen 2005 wurde eine äußerst eigenwillige Fassung von Goethes Urfaust gezeigt. Zum Beispiel spricht Faust seinen einleitenden Monolog (Da steh ich nun, ich armer Tor...) nicht in einem "hochgewölbten engen gotischen" Gelehrtenzimmer, wie es die überlieferte Fassung vorsieht, sondern in einer Kneipe. Er spricht ihn auch nicht nüchtern, sondern ziemlich angesäuselt, weil der Regisseur anscheinend der Meinung ist, daß existentielle Krisen mit übermäßigem Alkoholkonsum zu tun haben. Außerdem wird der Monolog noch ständig durch spaßige Kommentare des Barmanns hinter der Theke unterbrochen, der nur bruchstückhaft Deutsch kann und deshalb beispielsweise mit einem Besen fuchtelt, weil er "kehren" anstelle von "bekehren" versteht.
Den Gipfel der Dummheit erreicht die Inszenierung, wenn Gretchen wissen möchte, wie ihr Heinrich es denn mit der Religion halte: Da setzt sich Faust hin und trällert ein englisches Liedchen. Und auch später, als Gretchen ihrer Hinrichtung entgegensieht, fällt ihm dazu nochmals ein englischer Song ein, als ob der Urfaust ein Musical wäre.
Wenn ihrs nicht fühlt, ihr werdets nicht erjagen, heißt es in der ersten Szene des Urfaust. In diesem Sinne ist bei manchen Regisseuren wohl Hopfen und Malz verloren. Sie werden nie kapieren, um was es eigentlich im Faust oder in anderen Stücken geht.
Diese Inszenierung paßte jedenfalls zum Faust - der zu Recht als das bedeutendste Werk der deutschen Literatur gilt - wie die Faust aufs Auge! Nebenbei zeigte sie ein weiteres Mal, wie Unbildung und Banausentum in diesem Lande auf englisch daherkommen.
Doch es gibt Anlaß zur Hoffnung: Ein Intendantenwechsel steht bevor, und auch sonst dürfte sich mit der der neuen Spielzeit 2005/06 am Heidelberger Theater einiges ändern.
Bei der Flut von Anglizismen tut es richtig gut,
mal einem "Französismus" zu begegnen. Das Heppenheimer
Mineralwasser-Unternehmen "Odenwald-Quelle" hat seine Produktpalette,
die so grausige Bezeichnungen wie "Fresh Apple", "Wellness", "Lemon
Water" oder "Odina life" umfaßt, um "Naturel" erweitert. Das
Mineralwasser ohne Kohlensäure heißt also nicht "Natural",
wie es dem üblichen denglischen Imponiergefasel entspräche,
sondern trägt den Zusatz "Naturel", der unverkennbar
französischen Ursprungs ist.
Vermutlich hatten die Heppenheimer Marktstrategen dabei "Volvic naturelle" im Blick, jenes Wasser aus den Tiefen des französischen Zentralmassivs, das hierzulande für über 90 Cent pro Liter im Supermarkt angeboten wird und sich trotz dieses Diesel-Preises ganz gut verkauft, weil der Danone-Konzern sein Produkt als "die stille Kraft des Vulkans" anpreist.
Nun läßt sich dem Odenwald kein vulkanischer Ursprung andichten. Das war wohl der Grund, weshalb die Werbetexter der Firma Odenwald-Quelle die stille Kraft des Odenwalds mit seinen nicht vorhandenen Vulkanen in das Attribut "naturel" gekleidet haben. Die klammheimliche Anleihe bei der französischen Konkurrenz wollten sie dann aber doch nicht zu erkennen geben, indem sie "naturelle" in "naturel" verkürzten. Auch das klingt noch irgendwie französisch. Allerdings wird damit aus einem weiblichen Attribut ein männliches. Und somit erhebt sich die Frage, auf was sich dieses Attribut beziehen soll. Etwa auf "source", wie dies normalerweise bei französischen Mineralwasser-Etiketten der Fall ist? - Aber die Quelle ist im Französischen wie im Deutschen weiblichen Geschlechts. Auch das Wasser ("eau") würde "naturelle" als Attribut verlangen, da es im Französischen ebenfalls weiblich ist. Auf was also mag sich "naturel" beziehen?
Vorschlag zur Güte: Das "naturel" bezieht sich auf "truc", was im Französischen männlichen Geschlechts ist und soviel wie Dreh, Kniff oder Schwindel bedeutet...
Wie haben sie Dich zugerichtet, die Werbe-Fuzzis und Marktstrategen der Peterstaler Mineralquellen GmbH in Bad Rippoldsau! - Jahrzehntelang warst Du als "Schwarzwaldperle" bekannt. Dann kam die Anglomanie auch nach Bad Rippoldsau und machte aus Dir die "Black Forest Pearl" - obwohl Deine Käufer nach wie vor Deutsche sind.
"Mit wenig Kohlensäure" hätte es früher wohl auf dem Etikett geheißen. Nun steht da "Medium". Der Rest der Beschriftung ist noch in Deutsch. Aber wie lange noch? Wann wird aus der Hansjakobquelle der Johnjamesspring?
Am besten verhindert man die Ausbreitung solchen Schwachsinns, indem man die Ware einfach nicht kauft (es gibt genug andere Mineralwässer ohne englisches Imponiergehabe). Das ist die einzige Sprache, die die Marktstrategen und Werbe-Fuzzis wirklich verstehen!
Ein weiteres Mittel, um die Ausbreitung solchen Schwachsinns zu verhindern, ist der Beitritt zum Verein Deutsche Sprache (VDS).
In Nußloch hat ein "Racket-Center" aufgemacht, das am 20./21. November 2004 ein "Gesundheitswochenende" anbietet (eigentlich hätte man an dieser Stelle ein "Health-" oder "Wellness-Weekend" erwartet, aber ganz ohne Deutsch geht es anscheinend doch nicht, wenn man etwas verkaufen will). Zu den "Highlights" des Etablissements gehören "Indoor Cycling", "Nordic Walking", "Relaxing", "Aqua Fitness" und "Power Dumbell".
Wow! Das fetzt! Man braucht sich nur vorzustellen, wie armselig das auf Deutsch klingen würde: Wie da einer auf dem Steh-Fahrrad vor sich hin strampelt (Indoor Cycling), mit zwei Stöcken herumtapert (Nordic Walking), einfach mal nichts tut (Relaxing) oder sich in die Badewanne legt (Aqua Fitness). Bei "Power Dumbell" verläßt uns allerdings die Vorstellungskraft. Ob das soviel wie geballte Dummheit heißt? - Ein Blick ins Wörterbuch gibt uns zumindest teilweise recht: "Dumbell" bedeutet soviel wie "Hantel" oder auch "Dummkopf".
Das größte aller Rätsel bleibt indessen das "Racket-Center". Das "Center" verstehen wir ja noch. Mit diesem Zusatz wird bekanntlich jeder Tante-Emma-Laden zum Einkaufs-Center aufgeblasen. Aber was ist unter "Racket" zu verstehen? In unserer Verzweiflung schlagen wir in "Webster's Encyclopedic Unabridged Dictionary of the English Language" nach und finden nicht weniger als acht mögliche Bedeutungen:
Neben Tennis, Federball und anderen mit Schlägern betriebenen Sportarten bleiben somit sechs mögliche Bedeutungen übrig, die überwiegend krimineller Art sind. Davon abgeleitet gibt es im Englischen den Begriff "racketeer" für äußerst schlitzohrige, erpresserische Geschäftemacher. Ob man unter diesen Umständen die Staatsanwaltschaft Heidelberg bitten sollte, der Sache mal auf den Grund zu gehen?
Aber halt! In der Zeitungsanzeige, die das "Gesundheitswochenende" anpreist, ist auch noch eine Internet-Adresse angegeben. Klicken wir also auf www.racket-center.com. Vielleicht ist alles ganz harmlos. Und tatsächlich: Hier ist auch von Tennis, Badminton, Squash und Basketball die Rede. Neben vielem anderem allerdings. Und das hört sich so an: "Events & Incentives", "Workshops & Seminare", "Camps & Turniere", "Promotion & Promis", "Exhibitions & Performance"...
Der Heidelberger SRH-Konzern (früher Stiftung Rehabilitation) lud am 9. Oktober 2004 zu einem Tag der offenen Tür, bei dem die neue Fachhochschule auf dem Wieblinger SRH-Gelände besichtigt werden konnte. Die Gebäude sind architektonisch recht ansprechend. Umso unangenehmer fielen die zahlreichen Verunstaltungen der deutschen Sprache auf: Zum Beispiel wird der zentrale Turmbau der Fachhochschule als "Tower" bzw. "Science Tower" bezeichnet. Ganz oben in diesem "Tower" befindet sich eine "Skylounge". Um dem Publikum zu signalisieren, daß es doch bitteschön keine Zigarettenasche und Pommes frites verstreuen möge, hingen beim Tag der offenen Tür überall Pappschilder mit den rot durchstrichenen Wörtern "smoke", "drink" und "eat". Für den Abend wurde zu einer "Opening Party" in den Karlstorbahnhof eingeladen. Die SRH-Tochter, zu der die Fachhochschule gehört, heißt natürlich "SRH Learnlife AG". Und weil sich auf englisch so wunderbar hochstapeln läßt, schmückt sich die Fachhochschule mit dem Zusatz "University of applied sciences".
Geradezu rührend wirkte in dieser Umgebung ein Prospekt, den die Mannheimer Niederlassung des Goethe-Instituts verteilte: "Deutsch lernen in Mannheim - Heidelberg".
Das "Institut für deutsche Sprache" in Mannheim ist neuerdings ins Gerede gekommen, weil es als einer der Hauptverantwortlichen für die mißglückte Rechtschreibreform gilt. Aber auch sonst macht es seinem Namen und seinem Zweck alle Unehre, wie die folgende Stellenausschreibung zeigt:
"Gesucht wird Mitarbeiter für folgende Aufgaben: Allgemeine Supervisorprobleme bei Frage- und Antwortprozessen, Parsing und Pattern-Matching über einer normalen Sprache und Multiprocessing-Verfahren. Wir bieten die Möglichkeit zur Einarbeitung in eine very high level language aus dem Bereich Artificial Intelligence."
(Aufgabenstellung im Fach Werbelehre am Berufskolleg für Grafikdesign in Mannheim)
Siemens gibt zweimal jährlich die Zeitschrift
"Pictures of the Future" heraus, die über Trends wie die
"Always-on-Gesellschaft" berichtet, im übrigen aber - wer
hätte das gedacht - auf deutschsprachige Leser zielt.
Außerdem hat Siemens jetzt die Zukunftsstudie "Horizons2020"
vorgelegt, deren Denglisch-Titel auch insofern zu neuen Horizonten
führt,
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